Am 17. Februar 2018 erscheint im Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ ein zweiseitiger Bericht mit dem Titel „Klassischer Schwarzbau“.
Dort geht es um die Bahntrasse in Düsseldorf Angermund, die zu einer der dichtest befahrenen Europas zählt und offenbar zu keinem Zeitpunkt planfestgestellt bzw. plangenehmigt wurde, denn entsprechende Unterlagen konnten bis heute nicht vorgelegt werden.
Seitdem schlagen die Recherchen zum Genehmigungschaos am Schienentrassenabschnitt in Düsseldorf-Angermund hohe Wellen.
(Quelle: WDR, Prozessauftakt „Schwarzbauklage“ am 28.08.2019 beim Verwaltungsgericht)
Die viergleisige TEN-Trasse gehört zu den am dichtest befahrenen Gleisabschnitten Europas. Von Güterzügen mit Gefahrstoffen, ICE’s, Regionalexpress über Thalys und S-Bahnen – ca. 680 Züge fahren täglich mitten durch den Stadtteil, unmittelbar an den ungeschützten Menschen, Häusern, Spielplätzen, Kitas, der Grundschule und Naturschutzgebieten vorbei.
Ausgehend von der Überlegung, wie es sein kann, dass die Zugzahlen auf diesem Abschnitt seit Jahrzehnten stark steigen, die Menschen sowie die Umwelt mit Hinweis auf eine angebliche Bestandsstrecke aber bis heute völlig ungeschützt dem Lärm und den Erschütterungen ausgesetzt sind, stellte sich die Initiative Angermund ganz konkret folgende Fragen:
- Welche Genehmigungen, sprich welche Planfeststellungsbeschlüsse oder Plangenehmigungen gibt es für diese Gleise?
- In diesem Zusammenhang: Welche Abwägungen haben stattgefunden und welche Stellungnahmen gab/gibt es u.a. von Träger öffentlicher Belange?
- Ist die intensive Nutzung heute mit all ihren negativen Folgen für Mensch und Umwelt mit eben diesen Genehmigungen vereinbar?
- Wie kann das Eisenbahnbundesamt als verantwortliche Aufsichtsbehöre kontrollieren ob die DB Nezt AG die Eisenbahnstrecke überhaupt im zulässigen Rahmen nutzt?
Nutzungsumfang und Betriebsumfang der Angermunder Bahntrasse sollten geklärt werden: Umfangreiche Recherchen in den Archiven und Informationsanträge brachten keine Klarheit
Neben umfangreichen Recherchen in Archiven aller Art, hat die Initiative Angermund zahlreiche Informationsanträge nach dem Umweltinformationsgesetz und Informationsfreiheitgesetz bei den Aufsichtsbehörden (u.a. BVMVI, Eisenbahnbundesamt) und der DB AG (samt Töchtern) gestellt.
Das Resultat nach zahlreichen Schriftwechseln und hartnäckigem Nachbohren: absolute Fehlanzeige.
Plangenehmigungen konnten nicht gefunden. Diese wurden auch von den Behörden und der DB AG trotz mehrfacher Aufforderung bis heute nicht vorgelegt.

Und das, obwohl eine gesetzliche Pflicht zur Plangenehmigung für diesen im ehemaligen Preussen gelegenen Trassenabschnitt seit dem Königlich-Preussischen Eisenbahngesetz von 1838 besteht und die Bahntrasse 1845/1846 zunächst zweigleisig gebaut wurde.
Diese wurde in den 1930er Jahren auf vier Gleise erweitert und außerdem nach 1945 zu Zeiten der Bundesrepublik weiter ausgebaut (u.a. elektrifiziert, Linienzugbeeinflussung). Selbst für die Baumaßnahmen aus jüngerer Zeit konnten keine gesetzlich erforderlichen Planfeststellungsbeschlüsse oder -genehmigungen vorgelegt werden.
Da ein Infrastrukturvorhaben, das ohne die erforderliche Planfestssteluung errichtet ist, rechtlich als Schwarzbau einzustufen ist, kann auch die Angermunder Bahntrasse als Schwarzbau eingeordnet werden. Bestandsschutz besteht bei einem Schwarzbau nicht.
Die Initiative Angermund sieht sich um den dringend nötigen Lärmschutz in Angermund betrogen, da die Menschen in Angermund mit Hinweis auf eine Bestandstrasse jahrzehntelang im Glauben gelassen wurden, dass sie keine Ansprüche in Sachen Lärm- und Gesundheitsschutz geltend machen könnten und die massiven Belastungen und Einschränkungen in der Lebensqualität und Gesundheit zu erdulden hätten.
Sicherheitsrelevante Fragen ebenfalls völlig ungeklärt
Auch wichtige sicherheitsrelevante Fragen sind für uns ungeklärt. Da die Angermunder Trasse im sog. Mischebtrieb (Schienengüterverkehr und Schienenpersonenverkehr) genutzt wird, fragen wir uns:
- Sind die Träger öffentlicher Belange (u.a. Stadt Düsseldorf inklusive Feuerwehr oder THW o.ä.) jemals gehört oder in den Ausbau der Trasse eingebunden worden?
- Dürfen überhaupt Gefahrstoffe auf der Angermunder Trasse transportiert werden?
- Welches Brandschutzkonzept und Rettungskonzept liegen dem Eisenbahnbundesamt für eventuelle Brände und Unfälle vor?
Auf Grundlagen des Informationsfreiheitsgesetzes hatten wir bei der Aufsichtsbehörde für die Schiene – dem Eisenbahnbundesamt (EBA) – Akteneinsicht zu diesen und weiteren genehmigungsrelevanten Apsekten beantragt.
Diese Unterlagen sind mittlerweile ausgewertet.
Resultat: Es gibt keine wesentlich neuen Erkenntnisse. Da das Eisenbahnbundesamt unseren Antrag auf „Lärmschutz Jetzt“ abgelehnt hat, sahen wir uns gezwungen gegen das EBA bzw. gegen die Bundesrepublik Deutschland Klage beim Verwaltungsgericht einzureichen. Die Rheinische Post berichtet darüber wie folgt:

Rhein-Ruhr-Express (RRX) betroffen
Für den RRX sollen zwei weitere Gleise in Angermund gebaut werden. Der Schienenausbau soll erfolgen, damit das, seit Jahrzehnten von der Politik diskutierte und geplante Infrastrukturprojekt Rhein-Ruhr-Express (RRX) in der gewünschten Taktung fahren kann.
Dieser Gleisausbau in Angermund von vier auf sechs Gleisen ist durch die Klage und den Gleisschwarzbau gefährdet, denn ein geplanter und dann genehmigter RRX-Gleisausbau kann einen Schwarzbau nicht heilen.
Anläßlich einer Veranstaltung der Deutschen Bahn in Angermund im März 2019 und der laufenden Schwarzbauklage beim Verwaltungsgericht Düsseldorf informierte die Initiative Angermund die Menschen in Angermund über den Sachstand, Zusammenhänge und Folgen wie folgt:

Prozessauftakt am 28. August 2019
Die Initiative Angermund wird anwaltlich von Rechtsanwalt Dr. Clemens Antweiler von der Kanzlei RWP vertreten. Prozessauftakt beim Verwaltungsgericht Düsseldorf war am 28. August 2019. Mehr Informationen zum Prozessauftakt finden Sie hier
Zweiter Prozesstag war am 8. Januar 2019. Weiterführende Informationen dazu finden Sie bitte hier
Auszug aus der Presseberichterstattung:
(WDR: Hier und Heute, 26. September 2019)
Quelle: Welt am Sonntag, 1.09.2019

